Die Kino-Wochenschau zeigt den Tourismus und bearbeitet Klischees
Obwohl die 1950er-Jahre als Zeit der Reisewellen gelten und in historischen Publikationen der Eindruck entstehen kann, als seien Scharen in das Urlaubsland Italien aufgebrochen, ist das in den Wochenschaufilmen kaum zu beobachten: Es geht eher um den Urlaub im eigenen Land. Dabei halfen die neuen Camping-Ausrüstungen, die auf Messen vorgestellt wurden. Die westdeutsche Neue Deutsche Wochenschau verstand es außerdem geschickt, Tourismus mit anderen Themen zu verbinden, z.B. die neuesten Modelle eines Modeschöpfers, die je nach Saison auf der Zugspitze oder am Starnberger See oder in bekannten Hotels vorgeführt wurden. Daneben gab es Berichte über gesundheitsfördernde Kuraufenthalte.
In der Wochenschau sind die touristischen Bezüge teils verdeckt. Obwohl es die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs war, konnten sich nur wenige einen Urlaub in fremden Gefilden leisten konnten. Die UFA-Wochenschau Nr. 52 vom 24. Juli 1957 zeigt, wie abseits von Camping Luxus im Urlaub möglich war: Kosmetikbehandlung im Flugzeug – unter Leitung der Schauspielerin Olga Tschechowa, denn „das gepflegte Äußere eines Touristen ist die beste Visitenkarte für das Land seiner Herkunft“ (Kommentar der Wochenschau). Doch auch schon Ende der 1950er Jahre regte sich Kritik an der „Touristeninvasion auf Mallorca“ und an Touristen, die in ‚Seppelhosen‘ durch Palma gehen (vgl. Abb).
Von einer anderen Art von ‚Tourismus‘ berichtete die westdeutsche Wochenschau, wenn Gastarbeiter in den Sommerferien in die Heimat fuhren. Die ostdeutsche Wochenschau Der Augenzeuge dagegen präsentierte reizvolle Urlaubsländer unter den sozialistischen Bruderstaaten. Verdienten Werktätigen stellte man Urlaubs- und Freizeitheime in Aussicht oder Schiffsreisen mit dem FDGB-Schiff „Völkerfreundschaft“ und Jugendliche und Kinder sollten sich in den Ferien in FDJ-Lagern am Ostsee-Strand für den Aufbau des Sozialismus weiterzubilden.
Pauschalreisen gehören zum Klischee der 1950er und 1960er Jahre – die Wochenschau in West und Ost zeigte allerdings zumeist das Urlaubsland Deutschland und vermittelt wenig vom Bild des ‚Reiseweltmeisters‘ Deutschland.
Die Bearbeitung des Materials folgt den Vorschlägen zu Methoden und Ansätzen u.a. der Visual History und Framing (vgl. entsprechende Rubrik dieser Website).
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